Mensch, mach langsam!
Wenn Hunde an der Leine ziehen, weil Menschen keine Zeit haben
aus: Und wer ist schuld?
Mit einem Hund spazieren zu gehen, der nicht gut erzogen ist, kann zum Martyrium werden, für Mensch und Hund. So wie wir mit Hunden aber zusammen leben, muss jeder Hund lernen, ordentlich an der Leine zu gehen, zu kommen, wenn er gerufen wird, mal ein Weilchen irgendwo zu warten und insgesamt sich anständig zu benehmen. Nur: warum gibt es so viele Hunde, die das alles oder zumindest einen Teil davon nicht mal ansatzweise beherrschen? Warum sieht man so viele Hunde, die an der Leine zerren, anscheinend Tomaten auf den Ohren haben, sobald sie frei laufen, sich kaum einen Moment beherrschen oder ein wenig warten können, und viele, viele Dinge machen, die einem angenehmen Zusammenleben total entgegenlaufen?
Wir Menschen haben leider die Tendenz, immer einen „Schuldigen“ zu suchen, wenn etwas nicht so klappt, wie wir es gerne möchten. An einem misslungenen Urlaub ist das Hotel schuld, das nicht hält, was der Prospekt verspricht. Unzufrieden mit der Arbeit sind wir, weil die Kollegen uns nerven. Der Nachmittag im Garten ist deshalb nicht schön, weil der Nachbar sich mit seiner Frau zu laut unterhält……
Genau so halten wir es auch, wenn das Training unseres Hundes nicht klappt: Der Kunde gibt die Schuld der Hundeschule, weil die Methode nicht funktioniert. Die Hundeschule gibt die Schuld dem Kunden, weil der die Tipps nicht richtig umsetzt. Und beide geben die Schuld dem Hund, weil er dominant, erziehungs-resistent oder stur und auf gar keinen Fall kooperativ ist.
Und was denkt der Hund?
Das wissen wir nicht so genau. Aber ich bezweifle ernsthaft, dass Ihr Hund oder die Hunde Ihrer Kunden denken: Frauchen ist schuld, dass ich so an der Leine ziehen muss. Sie ist so dominant und stur, ganz schrecklich. Wenn sie ein bisschen besser kooperieren würde, müsste ich nicht an der Leine ziehen. Er denkt auch nicht: ist mir doch egal, wie lange Herrchen da steht und ruft, der hört schon wieder auf, und Herrchen ist auch so dermaßen erziehungsresistent, das sollte er doch schon gemerkt haben, wann ich nicht kommen möchte. Wenn Sie mir in diesem Punkt, dass Hunde ganz sicher so nicht denken, recht geben, dann sind wir schon einen großen Schritt weiter. Aber jetzt lassen wir die Suche nach dem Schuldigen mal beiseite. Überlegen wir lieber, warum so viele Menschen mit ihren Hunden Probleme mit dem Gehorsam und mit dem Zusammenleben haben, obwohl sie in die Hundeschule gehen. Denn auch wenn es viele unterschiedliche Methoden gibt, einen Hund zu erziehen, arbeitet die Mehrheit der Hundeschulen heute mit eher freundlichen Methoden, und viele HundetrainerInnen bilden sich laufend fort, um den Anforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden. Warum also ist etwas so Essentielles wie
Leinenführigkeit nach wie vor für viele Mensch-Hund-Teams ein Problem?
…weiter geht’s im Buch auf Seite 10
aus: 2. Die Zeit, sie eilt im Sauseschritt und wir, wir sausen alle mit!
….Probleme, z.B. mit der Leinenführigkeit, bekommen wir erst, wenn die Bedürfnisse Ihrer Pelznase zu kurz kommen. Das durchdenken wir jetzt mal am Beispiel eines Welpen vom Züchter, der in seine neue Familie kommt.
Es kommt immer wieder vor, dass Welpenkäufer den Züchter und damit den Welpen danach aussuchen, ob der Welpe zu einer bestimmten Zeit abgegeben wird, nämlich dann, wenn sie ihren Urlaub planen. Alles wird genau und fürsorglich eingeteilt: wer ist wann wie lange den ganzen Tag zu Hause, damit der Kleine die ersten Wochen und Monate ganz sicher nicht allein ist, bzw. langsam an längeres Alleinsein gewöhnt werden kann. Bei Züchter A, der eine sehr freundliche und kinderliebe Hündin hat, da im Haushalt nette und tierliebe Kinder leben, kann man keinen Welpen holen, da der Wurf unpassend kommt. Bei Züchter B ist die Hündin den Kindern gegenüber eher etwas scheu. Es gibt hier auch keine Kinder, aber man geht davon aus, dass die eigenen Kinder ja lieb sind mit dem Hund, eine gute Hundeschule am Ort ist und man das schon hinkriegen wird. Denn die Zeit der Welpenabgabe passt perfekt. Das bedeutet jetzt nicht automatisch, dass es Probleme mit dem Hund und den Kindern geben muss, aber die Startbedingungen sind einfach nicht so günstig.
Gehen wir jetzt mal davon aus, dass mit den Kindern alles gut klappt. Die erste Woche verbringt die Familie mit dem Neuzugang zu Hause. Der Kleine wird nicht überfordert, da man vorab in der Hundeschule angerufen, sich angemeldet und wichtige Details für die ersten Tage geklärt hat. Alles verläuft ruhig und ordentlich und er kann sich gut eingewöhnen. Nach einer Woche ist dann der erste Besuch in der Hundeschule angesagt. Die ganze Familie ist schon total aufgeregt, die Kinder freuen sich und auch die Eltern sind gespannt, was sie erwartet. Das Laufen an der Leine hat man schon ein bisschen im Garten geübt, und zwar mit dem Halsband und der Meterleine, die man vom Züchter mitbekommen hat.
Dies ist jetzt der erste Tag, der für den Kleinen ganz anders abläuft wie bisher. Es ist Samstag, also wird ein wenig länger geschlafen und gemeinsam ausgiebig gefrühstückt. Bisher hat der Kleine einfach die Morgenhektik verpennt, jetzt ist auf einmal alles neu. Das findet er sehr aufregend. Nach dem Frühstück packt die ganze Familie zusammen, was sie so brauchen, die Nervosität steigt, da man ein bisschen spät dran ist. Man will auf gar keinen Fall zu spät kommen. Der Kleine findet das so aufregend, dass er vergisst sein Pipi anzumelden, was er schon mehrfach gemeistert hat, und pinkelt auf den Teppich. Jetzt wird die Aufregung noch größer, da man das Malheur erst beseitigen muss und dadurch wieder Zeit verliert.
Aber schließlich kriegt man alles in den Griff. Kinder und Hund sind im Auto verstaut und es geht los. Unser Freund hat mit dem Autofahren eigentlich kein Problem, aber heute ist er nervös, jammert rum und fühlt sich nicht wohl. Nachdem man gelesen hat, dass man so etwas einfach ignorieren soll, kümmert sich keiner um ihn. Die Fahrt dauert ja auch nur wenige Minuten. Schließlich ist man angekommen. Man hat sich im Vorfeld für eine Hundeschule entschieden, die für Welpen Einzelstunden anbietet, damit man individueller betreut wird. Die Trainerin ist schon auf dem Hundeplatz, als man auf den Parkplatz fährt und die Nervosität im Auto nimmt zu. Eilig steigen alle aus, der kleine Hund wird angeleint und dann hat man es noch eiliger, zur Trainerin zu kommen, die schon am Tor wartet. Wenn sie weiß, was sie tut, lässt sie es nicht so weit kommen, sondern geht Hund und Menschen entgegen, und zwar ruhig und gelassen, und sorgt dafür, dass der Kleine abgeleint wird. Warum?
Weil sonst dieser kleine Hund von seinen netten, eifrigen Menschen am Halsband mit einer viel zu kurzen Leine in den Hundeplatz hineingezerrt wird und die ersten Grundlagen für einen an der Leine ziehenden Hund gelegt werden. Und warum tun sie das? Damit sie keine Sekunde der kostbaren Stunde versäumen und weil es unhöflich ist, jemanden warten zu lassen, und weil sie wenige Minuten zu spät dran sind. Lauter Gründe, die nichts mit Hundeerziehung, aber sehr viel mit unserem Umgang mit Zeit zu tun haben. Ein paar Minuten, und das ist jetzt kein Witz, sondern bitterer Ernst, entscheiden also unter Umständen darüber, ob Ihr Hund einmal leinenführig wird oder nicht. Denn diese wenigen Minuten, wenn die Trainerin nicht dafür sorgt, dass Sie richtig instruiert werden, wiederholen sich jeden Tag. Mehrfach…..
…weiter geht’s im Buch auf Seite 17
aus: 12. An lockerer Leine
Und wie geht das jetzt, dass ein Hund an lockerer Leine läuft? Das wollen wir uns im Folgenden ein bisschen genauer ansehen.
Für Welpen gelten eigene Regeln, deshalb wurde das auch in einem eigenen Kapitel besprochen. Allerdings können Sie die meisten der folgenden Trainingsvorschläge auch bei Welpen anwenden. Wichtig ist bei allem, dass Bello weder körperlich noch seelisch bedrängt, nicht gedemütigt oder in seiner Würde verletzt wird. Wir sind verantwortlich dafür, dass er alles entspannt lernen kann, dass wir ihm genau und gründlich ohne jede Einwirkung von Druck und Gewalt erklären, was wir von ihm wollen und nichts Unzumutbares von ihm fordern. Und das ist gar nicht so schwierig.
Einige Techniken wurden schon angesprochen, sollen hier aber wiederholt werden. Alles, was Ihnen hier empfohlen wird, können Sie einfach ausprobieren. Es gibt verschiedene Gründe, warum etwas bei Ihnen super klappt, aber bei Ihrem Nachbarn nicht den geringsten Erfolg zeigt. Wenn Sie festgestellt haben, dass Sie die Technik richtig ausführen, aber der Erfolg trotzdem ausbleibt, dann versuchen Sie eben etwas anderes. Eine erfahrene Trainerin kann Ihnen helfen, da ein neutraler Beobachter viel schneller sieht, warum etwas klappt oder eben nicht.
In allen Fällen empfiehlt es sich, den Hund für richtiges Verhalten zu loben, Ausnahmen gibt es nur bei Hunden, die auf ein Lob sofort zu Ihnen kommen und nachfragen, was sie jetzt tun sollen. Bauen Sie für diesen Hund ein Bestätigungsgeräusch (click, jepp…) auf, damit Sie ihm sagen können, dass er es richtig macht. Auf jeden Fall soll das Lob ruhig und freundlich sein und den Hund nicht im Weitergehen stören.
Leinenlänge
Für Gänge in der Stadt empfehle ich Ihnen eine 3-Meter-Leine, für andere eine 5-Meter-Leine. Zu Beginn kann es auch sinnvoll sein, eine sehr viel längere Leine zu verwenden, die Sie ganz allmählich kürzen. Sie werden im Folgenden lesen, warum das sinnvoll und notwendig ist.
Brustgeschirr
Ideal sind T- oder Kreuzgeschirre, die weit genug von den Achseln entfernt sind, damit die Gurte nicht scheuern. Das Material sollte weich und anschmiegsam und die Gurte breit genug sein. Das Geschirr passt gut, wenn im Sitzen der Ring, der Hals- und Brustgurt verbindet sich auf Höhe der Kuhle befindet, die das Brustbein um den Hals abschließt. Achten Sie beim Anziehen bitte darauf, dass Sie den Halsgurt vorsichtig über den Kopf ziehen, viele Hunde mögen das Gefühl am Kopf nicht so gerne und lehnen das Geschirr dann ab. Es sollte gut sitzen und nicht hin und her schlackern, die Gurte müssen alle gut vernäht sein. Die Leine wird am hinteren Ring befestigt, nicht am Ring, der Hals- und Rückengurt verbindet.
Nicht geeignet sind alle Geschirre, deren Gurt um den Hals und über die Schultern führt, wie z.B. bei Norwegergeschirren. Die Gurte drücken evtl. auf die Schultern und behindern die Hunde beim Laufen. Ebenso sind Geschirre mit Satteln nicht gut für Hunde. Der Sattel liegt im Nierenbereich auf und oft genug wird es unter dem Sattel auch sehr warm und damit unangenehm für den Hund. Von unerträglichen Sprüchen wie „Ich zicke gerne rum“ und ähnlichen Dummheiten, die Menschen lustig finden, sollte man sowieso absehen. Niemand möchte einfach so eine Abqualifizierung auf den Rücken bekommen, auf die er nicht den geringsten Einfluss hat.
Langsam gehen
In den allermeisten Fällen laufen die Menschen zu schnell. Aus welchem Grund auch immer denken Menschen, sie müssen durch die Welt stürmen, sowie sie eine Hundeleine in der Hand haben. Wenn Sie auch zu dieser Spezies der Rennspazierer gehören, dann schalten Sie ab sofort so viele Gänge zurück, dass aus einem Spazierrennen ein Spaziergang wird. Ihr Hund hat vermutlich gelernt, dass er ganz schnell mit strammer Leine überall hindrängeln muss, wo er dringend, dringend schnüffeln oder pinkeln muss. Das werden Sie ihm nicht von heute auf morgen abgewöhnen. Lassen Sie sich deshalb nicht irritieren, gehen Sie langsam und wenden Sie alle – freundlichen – Tricks an, um ihn von ihrer neuen Gangart zu überzeugen.
In der Regel finden die Hunde diese Idee großartig…..
…weiter geht’s im Buch auf Seite 107